Pädagogik und Einsatztraining: Weg von Systemfragen – hin zu Fragen der Methodik!

Prof. Dr. Swen Körner und Dr. Dr. Mario Staller referierten auf der Jahrestagung der dvs-Sektion Trainingswisssenschaft zum Thema „System vs. Methode: Nichtlineare Pädagogik im polizeilichen Einsatztraining“. Die Tagung wurde an der Johannes Gutenberg Universität in Mainz durchgeführt und erfreute sich eines großen Zuhörerkreises aus Praktikern und Wissenschaftlern.

Das Thema des polizeilichen Einsatztrainings war erstmals präsent auf einem trainingswissenschaftlichen Symposium und zog das Interesse von Teilnehmern auf sich, welche sich beruflich oder privat mit Themen wie Selbstverteidigung, Deeskalation, Gewaltprävention oder aber Kampfsport im Allgemeinen beschäftigen. Die beiden Forscher erläuterten ausführlich das Paradigma der nichtlinearen Pädagogik und  dessen Auswirkung auf die Gestaltung des polizeilichen Einsatztrainings. Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Vermittlung einer bestimmten Technik – sondern der individuelle Lernprozess des Trainierenden. Dieser lernt durch die kontinuierliche Interaktion in sogenannten „repräsentativen Lernumgebungen“. Damit rücken Fragen wie „Welches Selbstverteidigungssystem ist besser?“, „Ist Anschlag X im Waffentraining besser als Anschlag Y?“ oder „Welche Deeskalationstechnik ist besser: A oder B?“ in den Hintergrund. Die Gestaltung von Lernumgebungen, welche ein repräsentatives Auseinandersetzen mit der Lernaufgabe ermöglichen, steht im Vordergrund. Damit kommt dem Partner und damit der Partnerinteraktion eine ungeheuer wichtige Rolle zu. Eine Rolle, die im Rahmen des Trainings systematisch gelernt werden muss.

Weiterhin wiesen Prof. Dr. Körner und Dr. Dr. Staller auf das Professionalisierungspotential hin, welches eine nichtlineare Pädagogik im Polizeitraining – aber auch in vergleichbaren Settings (Gewaltprävention, Deeskalation, Selbstverteidigung) – innewohnt.  Das Potential besteht in mehreren Hinsichten:

  • Professionalisierung des Trainings: Die Unsicherheit der Gewalt und die chaotische Natur der Konflikthandlung wird zum Normalfall; d.h. die Kausalität von Handlungen (wenn A, dann B) wird als nicht zwingend gegeben akzeptiert, das Chaos wird  einer methodisch kontrollierten Bearbeitung zugeführt.
  • Professionalisierung der Trainerrolle: Die Entscheidungs- und Gesaltungskompetenz des Trainers wird unterstützt; der Trainer wird zum Designer von Problemen
  • Professionalisierung des Fertigkeitstransfers: Individuelle Expertise ist das Ergebnis kontinuierlicher informationsbasierter Interaktion zwischen lernendem System und Umgebung, d.h. dauerhafte optimale Partnerinteraktion ist der Schlüssel zum Erfolg

Abschließend wurden die Auswirkungen auf die Trainerbildung und die Professionalisierung des Trainerberufes diskutiert. Denn auch das Trainerdasein ist komplex und chaotisch … eben nichtlinear!